Einsteins Gehirn im Museum: Faszinierende Einblicke in das Erbe eines Genies

Im LWL-Museum für Naturkunde in Münster werden derzeit zwei außergewöhnliche Exponate gezeigt: winzige Schnitte aus dem Gehirn von Albert Einstein. Die Ausstellung ist Teil der neuen Schau „Das Gehirn – Intelligenz, Bewusstsein, Gefühl“ und bietet Besuchern die seltene Gelegenheit, buchstäblich einen Blick in das Denkorgan des wohl berühmtesten Physikers aller Zeiten zu werfen.

Die Geschichte dieser Präparate beginnt im Jahr 1955, kurz nach Einsteins Tod. Eigentlich hatte der Nobelpreisträger verfügt, dass sein Körper vollständig verbrannt werden sollte. Doch der damalige Pathologe Thomas Harvey, der die Obduktion durchführte, handelte eigenmächtig. Ohne Erlaubnis öffnete er Einsteins Schädel, entnahm das Gehirn und konservierte es in einem Einmachglas. Erst nachträglich holte er sich die Zustimmung der Familie – mit der Begründung, Einstein selbst habe gewünscht, dass sein Gehirn zu Forschungszwecken verwendet werde.

Harvey schnitt das Gehirn in über 200 kleine Blöcke und fertigte mehrere Hundert mikroskopische Präparate an. Diese verteilte er später weltweit an Neuropathologen, in der Hoffnung, Hinweise auf die Quelle von Einsteins außergewöhnlicher Intelligenz zu finden. Zwei dieser Schnitte, entnommen aus der rechten Gehirnhälfte – dem Areal, das für das Gedächtnis verantwortlich ist – sind nun in Münster zu sehen.

Die Präparate stammen aus der Sammlung des Mütter Museums in Philadelphia. Der dortige Kurator Lowell Flanders brachte sie persönlich nach Deutschland. Für die Präsentation wurde in Münster eine spezielle Vitrine angeschafft, um den sensiblen Leihgaben gerecht zu werden.

Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, ob Einsteins Gehirn tatsächlich besondere anatomische Merkmale aufwies. Zwar glaubten einige Forscher, ungewöhnliche Strukturen entdeckt zu haben – etwa eine besonders ausgeprägte Dichte an Gliazellen oder eine veränderte Form des Parietallappens –, doch der wissenschaftliche Konsens ist zurückhaltend. Die meisten Experten sind der Meinung, dass aus den bisherigen Untersuchungen keine relevanten oder reproduzierbaren Erkenntnisse hervorgingen.

Thomas Harvey bezahlte für seine eigenmächtige Entscheidung einen hohen Preis. Er verlor seine Anstellung am Princeton Hospital und später auch seine ärztliche Zulassung. Dennoch hielt er über Jahrzehnte an seinem Ziel fest, das Geheimnis hinter Einsteins Intellekt zu entschlüsseln. Die Gehirnpräparate bewahrte er zeitweise in einem Glas unter seinem Schreibtisch auf – ein bizarres Bild, das sinnbildlich für die jahrzehntelange Faszination mit dem Genie im Glas steht.

Heute dienen die verbliebenen Teile des Einstein-Gehirns nicht mehr der Forschung, sondern der Reflexion über Wissenschaft, Ethik und menschliches Streben nach Erkenntnis. Die Ausstellung in Münster erinnert eindrucksvoll daran, wie weit manche bereit sind zu gehen, um das Außergewöhnliche zu verstehen – und wie schwierig es ist, Genialität messbar zu machen.