Medizin im Wandel: Zwischen überholten Mythen und neuen Therapieansätzen

Die medizinische Forschung ist ständig in Bewegung. Während einige einst gefeierte Medikamente heute kritisch hinterfragt werden, eröffnen neue Wirkstoffe Hoffnung für Patienten, für die es bislang kaum Behandlungsmöglichkeiten gab. Ein Blick auf das umstrittene Herzmittel Strophantin und einen vielversprechenden neuen Wirkstoff gegen eine seltene Lebererkrankung zeigt die Dynamik des Fortschritts.

Strophantin: Ein einstiges Herzmedikament unter der Lupe

Bis in die 1980er Jahre war Strophantin ein weitverbreitetes Mittel bei diversen Herzerkrankungen. Heute ist es aus den Apotheken nahezu verschwunden, doch einige Stimmen behaupten, dies sei zu Unrecht geschehen. Der Faktencheck-Service Medizin-Transparent der Donau-Universität Krems hat den aktuellen wissenschaftlichen Stand zu Strophantin im Vergleich zu modernen Herz-Kreislauf-Medikamenten untersucht.

Das Ergebnis ist ernüchternd: Die Datenlage ist äußerst dünn. Zwei ältere Studien mit nur wenigen Teilnehmenden deuteten zwar auf eine kurzfristige Linderung akuter Beschwerden bei koronarer Herzkrankheit und Herzschwäche hin, doch ihre Ergebnisse gelten aufgrund eines hohen Verzerrungspotenzials als nicht vertrauenswürdig. Es bleibt somit unklar, ob eine langfristige Einnahme den Krankheitsverlauf verbessert, das Risiko für Komplikationen senkt oder gar die Sterblichkeit reduziert. Auch die Nebenwirkungen sind auf dieser Basis nicht verlässlich einzuschätzen.

Fortschritte bei seltener Lebererkrankung: Hoffnung für PSC-Patienten

Während alte Mittel wie Strophantin wissenschaftlich ins Abseits geraten, gibt es in anderen Bereichen der Medizin vielversprechende Entwicklungen. Das Pharmaunternehmen Mirum Pharmaceuticals gab kürzlich den Abschluss der Patientenregistrierung für die Phase-2b-VISTAS-Studie bekannt. In dieser wird der Prüfwirkstoff Volixibat, ein oraler IBAT-Inhibitor, zur Behandlung von cholestatischem Pruritus (starkem Juckreiz) bei Patienten mit primär sklerosierender Cholangitis (PSC) untersucht. Die finalen Ergebnisse der Studie werden für das zweite Quartal 2026 erwartet.

PSC ist eine seltene, chronisch-fortschreitende Lebererkrankung, die zu Entzündungen und Vernarbungen der Gallengänge führt und letztlich in Leberversagen münden kann. Bisher gibt es keine zugelassenen Therapien, und die Behandlung konzentriert sich auf die Linderung von Symptomen. Dr. Joanne Quan, Chief Medical Officer von Mirum, bezeichnete den Abschluss der Rekrutierung als „bedeutenden Meilenstein“ für die PSC-Gemeinschaft. Auch Ricky Safer, CEO der Patientenorganisation PSC Partners Seeking a Cure, äußerte sich hoffnungsvoll und betonte die Wichtigkeit dieses Schrittes für Betroffene, die unter Symptomen wie starkem Juckreiz und Erschöpfung leiden.

Volixibat wirkt als selektiver Inhibitor des ilealen Gallensäuretransporters (IBAT) und soll durch die Blockade des Gallensäure-Recyclings die systemische Belastung des Körpers reduzieren. Der Wirkstoff wird zudem in der VANTAGE-Studie für die primär biliäre Cholangitis (PBC) untersucht, deren Ergebnisse für die erste Jahreshälfte 2027 erwartet werden. Bereits 2024 zeigten Zwischenanalysen der VISTAS-Studie positive Signale bezüglich Wirksamkeit und Sicherheit, was die Hoffnung auf eine zukünftige, wirksame Therapie für PSC-Patienten weiter stärkt.